Steineingefasste Gräber

 

Die ältesten Brandgräber sind von einer dreieckigen oder runden Steineinfassung umgeben. In der Wikingerzeit bekam diese Einfassung den Umriss eines Schiffes. Häufig wurden die Steine für ein neues Grab von älteren Gräbern geholt. Wo ein Stein entfernt wurde, hinterließ er ein Loch, das das mit Erde einer anderen Umgebung gefüllt wurde.

Der Tote wurde in seiner Tracht mit dazugehörigen Spangen und Schmuck verbrannt. Ins Feuer kamen auch persönliche Eigentümer wie Handspindel, Messer und Wetzstein. Sogar Hunde folgten sowohl Männern als auch Frauen in den Tod.

Verschiedene Tierknochen zeigen, dass dem Toten auch Nahrungsbeigaben mitgegeben wurden.

Lindholm Hóje Gräberfeld Dánm
   

Die Bestattung eines hohen Herrn

 
Kaum etwas spielte eine derart entscheidende Rolle im Dasein der Nordmänner, wie das „Wie“ und „Wann“ des Sterbens. Es wurde nichts als schlimmer angesehen, als der langsame Tod im Strohbett. Leben und Weiterleben war ein nie endender Kreis, in welchem der Tod nur eine neue Wendung brachte. Wer geschwächt durch Krankheiten oder hohes Alter zu Odin fuhr hatte wahrlich keine große Chance mehr einen Platz in Walhalle einzunehmen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Greise einen Opfertod dem langsamen hinsiechen vorzogen.

Ibn Fadlan, ein muslimischer arabischer Kaufmann, reiste 922 durch das Wolgagebiet. Auf dieser Reise schrieb er viele seiner Erlebnisse nieder. Unter anderem beschrieb er ein Häuptlingsbegräbnis bei den Rus. Die Zuverlässigkeit dieses Berichts ist, wie auch alle anderen schriftlichen Quellen über die Wikingerzeit, fraglich. Der Schreiber besaß einen anderen Lebensstil und eine andere Kultur als die der Wikinger, was vielleicht seine Sicht der Dinge verfälschte oder ihm Grund zu Ausschmückungen und Übertreibungen gab.
Ibn Fadlāns Reisebericht diente dem amerikanischen Schriftsteller Michael Crichton als Vorlage für seinen 1976 erschienener Roman Schwarze Nebel (orig. Eaters of the Dead). Das Buch wurde 1999 unter der Regie von John McTiernan als "Der 13te Krieger" verfilmt.
Hier nun Ibn Fadlans ungekürzter Bericht aus Harris Birkelands Übersetzung:

Ibn Fadlan schreibt: "Es wurde mir ständig erzählt, dass wenn einer ihrer Häuptlinge stürbe, viele Dinge passieren würden, wovon die Leichenverbrennung das mindeste war. Ich war deshalb sehr daran interessiert etwas Genaueres darüber zu erfahren. Eines Tages bekam ich davon zu hören, dass ein angesehener Mann unter ihnen gestorben war. Sie legten ihn in ein Grab und deckten dieses für 10 Tage zu, bis sie mit dem Zuschneiden und Nähen der Leichenkleider fertig waren. Dies ging auf folgender Art und Weise vonstatten. Für den Armen unter ihnen machten sie ein kleines Schiff, legten ihn hinein und verbrannten es. Aber wenn es um einen Reichen unter ihnen ging, so sammelten sie sein ganzes Vermögen und teilten dieses in drei gleichgroße Teile. Ein Drittel geht zu der Familie des Verstorbenen, für das zweite Drittel machten sie die Leichenkleider für den Toten und für das letzte Drittel brauten sie Nabid (wahrscheinlich nordisches Bier), welches getrunken wird, wenn seine Sklavin sich für ihn tötet und mit ihrem Herrn verbrannt wird. Die Rus sind ganz dem Nabid verfallen, welchen sie Tag und Nacht trinken. Oft geschieht es, dass einer von ihnen mit dem Becher in der Hand stirbt.

Wenn ein Häuptling unter ihnen tot ist, so sagt seine Familie zu seinen Sklavinnen und Dienern: "Wer von euch möchte mit ihm sterben?" Eine von denen antwortete: "Ich." Da bekamen zwei andere Sklavinnen den Auftrag sie zu bewachen, wo sie stand und wohin sie ging und es geschah das sie mit ihren eigenen Händen ihr die Füße wuschen. So begannen sie und nahmen sich der hinterbliebenen Dinge des Toten an, um die Kleider für den Toten zu nähen und machten alles fertig, wie es sein sollte. Aber die Sklavinnen tranken und sangen jeden Tag in einer Freude, als ob sich etwas Glückliches in naher Zukunft ankündige.
Als der Tag kam, an dem er und seine Sklavin verbrannt werden sollten, ging ich zum Flussufer, wo sein Schiff lag. Dies war an Land hochgezogen und wurde durch vier Stützen aus Birkenholz oder anderen Holzarten aufrecht gehalten. Weiter war etwas aufgebaut, was wie ein großes Lager oder Magazin aus Holz aussah. Das Schiff wurde dorthin gezogen und an das Holzgestell angebracht. Und das Volk lief hin und her und sie sprachen eine Sprache die ich nicht verstand, während der Tote noch in seinem Grabe lag. Sie hatten ihn noch nicht aus dem Grab herausgenommen.

So kamen sie mit einer Bank und setzten sie auf das Schiff und bedeckten sie mit Teppichen, mit byzantinischem Dibag (bemalter Seidenstoff) und mit Kissen aus byzantinischem Dibag. Nun kam eine alte Frau, welche der Todesengel genannt wurde und sie breitete die Teppiche über die Bank aus. Sie stand vor den Kleidern für den Toten und vor dem Gestell für die Leiche. Das ist auch sie, welche die Mädchen tötet (Sklavinnen). Ich sah, dass sie eine alte, riesengroße Frau, dick und düster vom Aussehen her war.
Als sie zu seinem Grab kamen, nahmen sie die gesamte Erde weg vom Holz und danach entfernten sie das gesamte Holz. Und so zogen sie von ihm die Kleider, in welchen der Tote war. Ich möchte bemerken, dass er ganz schwarz aufgrund der Kälte im Lande geworden war. Im Grabe zusammen mit ihm, hatten sie Bier, Früchte und eine Mandoline hineingelegt. Und all dies taten sie nun aus dem Grab. Der Tote roch merkwürdigerweise überhaupt nicht und nichts hatte sich verändert an ihm, ausgenommen seiner Hautfarbe. So kleideten sie ihn mit Hosen, Überhosen, Stiefeln, Gürtel und einen Mantel aus Dibag mit Goldknöpfen dran. Sie setzten ihm eine Kappe aus Dibag und Zobelfell auf seinen Kopf und trugen ihn in das Zelt, was auf dem Schiff aufgestellt wurde. Dort setzten sie ihn auf den Teppich und stützten ihn mit Kissen.

Dann kamen sie mit Nabid, Früchten und wohlriechenden Pflanzen und legten diese zu seinen Seiten nieder. Weiter kamen sie mit Brot, Fleisch und Zwiebeln. Und warfen es vor ihm hin. Dann kamen sie mit einem Hund und schnitten ihn in zwei Teile und warfen ihn ins Schiff. Danach kamen sie mit seinen Waffen und legten sie zu seinen Seiten nieder. Dann nahmen sie zwei Pferde und trieben sie solange bis sie schweißnass waren. Daraufhin hieben sie diese in Stücke mit ihren Schwertern und warfen das Fleisch in das Schiff. Genauso taten sie es mit zwei Kühen, auch diese hackten sie in Stücke und warfen das Fleisch ins Schiff. So kamen sie mit einem Hahn und einem Huhn, töteten diese und warfen diese auch aufs Schiff. Die Sklavin, welche getötet werden wollte, ging währenddessen hin und her. Sie ging in das eine oder das andere Zelt und der Herr des Zeltes hatte sexuellen Umgang mit ihr, während er sagte: "Sage dies zu deinem Herren: das habe ich getan aus Liebe zu Dir."

Als es Freitagnachmittag geworden war, nahmen sie die Sklavin mit zu einer Art Türrahmen. Sie setzte ihre Beine auf die Handflächen der Männer und kam so hoch, dass sie über diesen Rahmen hinausragte und sagte etwas in deren Sprache. Anschließend ließen sie sie herunter. Aber kurz darauf hoben die Männer sie wieder hoch und sie machte dasselbe wie beim ersten Mal. Endlich ließen die Männer sie wieder herunter um sie ein drittes Mal hochzuheben und sie tat dasselbe, wie beim ersten und beim zweiten Mal zuvor. So reichten sie ihr eine Henne und sie schnitt dem Huhn den Kopf ab und warf es weg. Die Männer hoben die tote Henne auf und warfen sie in das Schiff. Da fragte ich den Übersetzer was sie gemacht hatte. Er antwortete: "Das erste mal als sie hoch gehoben wurde sagte sie: "Seht dort, ich sehe meinen Vater und meine Mutter dort sitzen!" Das zweite Mal sagte sie: "Seht dort, ich sehe alle meine toten Verwandten dort sitzen!" Und beim dritten Mal sagte sie: "Seht dort, ich sehe meinen Herrn im Paradies sitzen und das Paradies ist farbig und grün und zusammen mit meinem Herren sind Männer und junge Diener. Er ruft nach mir. Lasst mich zu ihm gehen!" Und so gingen sie mit ihr zum Schiff.

Sie nahm zwei Armreifen von ihrem Arm und gab sie der alten Frau, welche der Todesengel genannt wurde und sie töten sollte. Dann nahm sie von sich zwei Achselringe und gab sie den Töchtern der Frau, welche der Todesengel genannt wurde. So führten sie sie hinauf zum Schiff, aber ließen sie nicht ins Zelt. Dann kamen Männer mit Schildern und Holzstäben. Und reichten ihr einen Becher mit Nabid. Sie sang darüber und trank den Becher aus. Der Übersetzer sagte zu mir: "Nun nimmt sie Abschied von ihren Freunden." Und so wurde ihr ein neuer Becher gereicht. Sie nahm ihn und trank diesen lange aus. Aber die alte Frau drängte sie, schnell auszutrinken, damit sie ins Zelt zu ihrem Herren gehen konnte. Da sah ich zu ihr und sie sah ganz verstört aus. Sie wollte in das Zelt hineingehen und steckte den Kopf ins Zelt, so dass sie zwischen dem Zelt und dem Schiff war. Aber da nahm die Frau ihren Kopf und zog ihn in das Zelt und die Frau ging ihr in das Zelt nach. Die Männer begannen da mit den Holzstäben gegen die Schilde zu schlagen, so das der Lärm die Schreie der Sklavin überdeckte, damit die anderen Mädchen nicht verängstigt würden und nicht mehr den Tod zusammen mit ihren Herrn suchen würden wollen, wenn die Zeit dafür kommt. Da gingen sechs Männer in das Zelt und sie nahmen sie nacheinander. Da lag sie neben ihren Toten Herren. Zwei hielten ihre Beine und zwei die Hände. Und die Frau welche der Todesengel hieß, legte einen Strick um ihren Hals und knüpfte die Enden in die entgegengesetzte Richtung, so dass zwei Männer daran ziehen konnten. So ging die Frau mit einem kleinen Dolch mit breitem Blatt und stach diesen zwischen die Rippen des Mädchens und zog ihn wieder heraus und die zwei Männer würgten sie mit dem Strick. So starb sie.

Dann kamen die vom Volk, die mit dem Toten am nächsten verwandt waren zum Platz. Der Häuptlingssohn nahm ein Holzstück und zündete es an. So ging er rückwärts mit dem Rücken zum Schiff und das Gesicht zum Volk und hielt in der einen Hand das Holzstück während er die andere Hand hinter dem Rücken auf seinem Gesäß ruhte. Und er war nackt. Und auf diese Weise wurde überall Feuer unter dem Gestell, welches das Schiff stützte gelegt, nachdem sie die getötete Sklavin zur Seite ihres Herren gelegt hatten. Nun kam das Volk zum Platze mit Holz und jeder hatte ein Holzstückchen mit Feuer an der Spitze. Die warfen das Holz so unter das Schiff, das das Feuer nur so um sich griff. Erst brannte das Schiff und so das Zelt mit dem Mann und der Sklavin darinnen und alles was im Schiffe war. Danach kam ein kräftiger und fürchterlicher Wind, so dass die Flammen kräftiger wurden und das Feuer züngelte sehr weit dem Himmel empor.

Zu meiner Seite stand ein Mann von den Rus und ich hörte ihn, wie er sich mit dem Übersetzer unterhielt. Ich fragte ihn dann, was er zu ihm gesagt hatte. Er antwortete: "Ihr Araber seit dumm." - Ich fragte: "Wieso das?" - Er sagte: "Den den ihr am meisten unter euch Menschen liebt und ehrt, werft ihr in die Erde wenn er tot ist, so dass die Erde, Kriechtier und Gewürm ihn verzehren kann. Wir dagegen brennen ihn hinauf in einem Augenblick, so geht er dann ins Paradies am selben Ort zur selben Stund." Und da begann er laut zu lachen. Als ich ihn genauer darüber fragte, sagte er: "Sein Herr in seiner Liebe hat den Wind gesendet, so dass er in einer Stunde hinweg getragen wird." Und dies geschah wirklich. Nicht mehr als eine Stunde und das Schiff und das Gesamte Holz und die Sklavin und ihr Herr und alles wurde zu Asche und Aschestaub. Endlich bauten sie da, wo das Schiff welches sie vom Ufer hochgezogen hatten stand, einen Hügel auf. Mitten auf diesem Hügel errichteten sie eine schwere Holzstütze aus Birkenholz. Auf diese schrieben sie den Namen des Mannes und den Namen Rus- König und so gingen sie ihres Weges."