Die Edda

 

Die Lieder-Edda („Ältere Edda“) ist eine Sammlung nordischer Dichtungen unbekannter Autoren. Inhaltlich deckt sie viele Bereiche ab. Ihre beiden Hauptteile sind 'mythologische Lieder' und 'Heldenlieder'. Unter den so genannten 'mythologischen Liedern' finden sich auch Moralspruchsammlungen für den Alltagsgebrauch und Zauberformeln; aber vor allem sind sie die wichtigste Quelle Altnordischer Mythologie.

Der älteste und wichtigste Textzeuge der Liederedda ist der sog. 'Codex Regius der Liederedda', der vermutlich um 1270 geschrieben wurde. 'Codex Regius' bedeutet, dass er in der königlichen Sammlung in Kopenhagen lag; diesen Namen hat er also mit vielen anderen Handschriften gemeinsam. Auch z. B. von der Snorra Edda gibt es einen 'Codex Regius'; der mit dem der Liederedda nichts gemeinsam hat als den Aufenthaltsort. Früher hat man aufgrund legendarischer Angaben angenommen, dass die im Codex Regius der Liederedda gesammelten Texte zum ersten Mal bereits von Saemundur Sigfusson (1056–1133) aufgezeichnet worden waren, wofür es jedoch keine Anhaltspunkte gibt. Ungleichmäßigkeiten der Orthographie zeigen, dass der Codex Regius der Liederedda von einer Vorlage abgeschrieben wurde, die in der Orthographie geschrieben war, die in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts üblich war (um 1250 wechselten die Schreibergewohnheiten stark; wer um 1270 einen Text der Zeit vor 1250 abschrieb, mischte unwillkürlich die ihm gewohnte moderne Schreibweise mit der Schreibung der Vorlage). Ältere Spuren schriftlicher Tradition finden sich nicht. Die ältesten darin enthaltenen Lieder gehen vielleicht schon auf Vorstufen aus dem 10. Jahrhundert zurück. Ein noch höheres Alter ist aus sprachgeschichtlichen Gründen (Synkope) ausgeschlossen.

Vor der schriftlichen Aufzeichnung wurden diese Lieder zum Teil über Jahrhunderte mündlich überliefert. Dies belegen etwa Schnitzereien in norwegischen Stabkirchen oder eine Darstellung auf dem schwedischen Ramsundstein (ca. 1030). Die jüngsten Lieder stammen aus dem 12. oder 13. Jahrhundert. Inwieweit die älteren Lieder in der langen Zeit mündlicher Überlieferung fast unverändert tradiert oder stark umgeformt wurden, wissen wir nicht; die Ansichten, wie alt die „alten“ Passagen tatsächlich sind, gehen stark auseinander. Außerhalb des Codex Regius sind noch weitere Lieder und Gedichte überliefert, die aufgrund ihrer Ähnlichkeiten in Stil, Versmaß und Inhalt auch zu den eddischen Liedern gezählt werden.

Die Lieder und Gedichte wurden zunächst mündlich tradiert, daher vermutlich ihre gebundene Form. Dazwischen finden sich allerdings häufiger kürzere Abschnitte in Prosa, z. B. als Einleitung. Für diese Mischung aus Prosa und gebundener Form gibt es mehrere Erklärungen. So könnten die Prosastücke verloren gegangene oder bruchstückhafte Verse ersetzt oder vorhandene gekürzt, präzisiert oder modifiziert haben. Vielleicht war diese Vermischung auch von Anfang an vorhanden.